Die LAG der freien Wohlfahrtsverbände warnt vor dem Fachkräftemangel in Kindertagesstätten und in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Dieser führe langfristig zu einem Qualitätsabfall. Die LAG FW fordert eine Fachkräfte-Offensive von der Landesregierung, dieses müsse für den Bund in die Bresche springen, bis dieser die Erzieherausbildung reformiert.
In Kiel steht die „Praxisintegrierte Ausbildung“ (PiA) für Erzieherinnen und Erzieher aufgrund fehlender Förderung durch Bund und Land vor dem Aus, das Ländermonitoring „Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung zeigt auf, wie hoch der Fachkräftemangel in Kindertagesstätten ist, die Wohlfahrtsverbände erhalten täglich Rückmeldungen aus ihren Mitgliedsorganisationen, dass freie Stellen nicht besetzt werden können.
„Dem Fachkräftemangel in Kitas und in der Kinder- und Jugendhilfe muss dringend ein Ende gesetzt werden,“ so Michael Selck, Vorsitzender der LAG FW. „Erzieherinnen und Erzieher wandern im Schnitt nach etwa drei Jahren ab, weil die Rahmenbedingungen einfach nicht stimmen. Dieser Negativtrend muss gestoppt werden, denn er geht sowohl auf Kosten der Kinder als auch der Fachkräfte.“ Die Qualitätsstandards und somit die Rahmenbedingungen für einen attraktiven Arbeitsplatz müssen verbessert werden. Das bedarf noch einiger Nachjustierungen im Standard-Qualität-Kosten-Modell der Kita-Reform. Schüler*innen in der Berufsorientierung zu erreichen geht einher mit einer attraktiven Ausbildung und Rahmenbedingungen im Beruf.
Durch den neuformulierten Rechtsanspruch für die Ganztagesbetreuung der Grundschulkinder wird darüber hinaus zu einem zusätzlichen verschärften Bedarf an Fachkräften kommen. Es muss schon jetzt daraufhin gewirkt werden,dass nicht noch mehr Fachkräfte aus der Kita in den Grundschulbereich abwandern.
Eine Stellschraube sehen die Wohlfahrtsverbände bereits bei der Ausbildung: Im Gegensatz zu den meisten anderen Ausbildungen wird die Ausbildung zum*zur Erzieher*in nicht vergütet, die vom Bund geförderte und vergütete „Praxisintegrierte Ausbildung“ (PiA) konnte nur in einigen Leuchtturmprojekten greifen und steht nun überall dort vor dem Aus, wo Kommunen diese nicht mehr allein finanzieren können. Hinzu kommt, dass die Fachkräfte in den Einrichtungen nicht dazu ausgebildet wurden, anzuleiten, wie man es aus anderen Berufsfeldern (Ausbilderschein) kennt.
„Die Auszubildenden sind davon abhängig, wieviel Zeit in ihrer Einrichtung für Praxisanleitung vorhanden ist, da können sie Glück oder Pech haben – gibt es wie vielerorts vakante Stellen oder einen hohen Krankenstand, bleibt keine Zeit für die Anleitung. Dies liegt nicht nur am Fachkräftemangel, sondern auch daran, dass das Land für die Anleitung von Praktikant*innen kein adäquates Zeitbudget refinanziert.“ erläutert Michael Saitner, stellvertretender Vorsitzender der LAG FW.
Mit dem neuen Kitagesetz stehen jeder Gruppe – nicht der einzelnen Fachkraft – pro Woche genau 7,8 Stunden sogenannte Verfügungszeit zur Verfügung (KitaG §29, Abs. 1), diese soll verwendet werden für Beobachtung und Dokumentation, Entwicklungsgespräche, Vorbereitung für Projekte, Zusammenarbeit mit Grundschulen, Dienstbesprechungen, Vernetzung im Sozialraum – und die Anleitung von Praktikant*innen.
„Im Hinblick auf Qualitätsstandards ist die Verfügungszeit ohnehin nicht auskömmlich, doch zu glauben, dass in diesem Rahmen noch die Anleitung von Praktikant*innen möglich ist, ist einfach utopisch,“ so Michael Selck. „Entweder kommt dann eine der anderen Aufgaben zu kurz oder die Anleitung findet einfach nicht statt. Das ist insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar, da Kitas ab einer bestimmten Größe gesetzlich verpflichtet sind, Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Der Gesetzgeber fordert hier etwas ein, das er nicht mit genügend Ressourcen hinterlegt.“
Die Wohlfahrtsverbände fordern daher eine Ausbildungsoffensive, die mit guten Rahmenbedingungen für das Berufsfeld Erzieher*in wirbt. Dazu zählen die refinanzierte Praxisanleitung mit einem realistischen Stundenanteil, erhöhte Leitungsstunden sowie gute Rahmenbedingungen in den Einrichtungen, die Erzieher*innen im System halten und nicht nach drei Jahren abwandern lassen.
„Die Landesregierung muss sich im Bund für eine Reform der Erzieherausbildung stark machen, doch darauf können die Träger nicht warten, der Fachkräftemangel ist schon da. Bis sich etwas auf Bundesebene bewegt, muss das Land in die Bresche springen, indem es die PiA-Projekte fördert und die Verfügungszeit erhöht. Jeder junge Mensch in Schleswig-Holstein, der sich eine Erzieher*innenausbildung vorstellen kann, muss in Kitas und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Rahmenbedingungen vorfinden, die ihn an diesem Beruf festhalten lassen und das bedeutet: Anerkennung dieses Berufes – von der vergüteten Ausbildung über eine qualitativ hochwertige Anleitung bis hin zur Vergütung als Fachkraft.“ so Michael Saitner.
V.i.S.d.P.
Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände
Schleswig-Holstein e. V.
Michael Saitner
Vorsitzender DER PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein Zum Brook 4 24143 Kiel Tel.: 0431 – 560210 E-Mail: info@paritaet-sh.org |
Iris Haulsen
Geschäftsführerin Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 3306075 |