Michael Selck: „Der Fachkräftemangel in Kitas spitzt sich dramatisch zu. Wir müssen die Arbeitsbedingungen für Erzieher*innen dringend verbessern!“
Es war wie ein Schlag in die Magengrube, eine schlimme Zuspitzung für Kitas und die politisch Verantwortlichen:
Eine ganze Klasse einer Fachschule war zum Kita-Fachtag am vergangenen Donnerstag in Rendsburg angereist. Alle 21 Schüler*innen haben den Abschluss SPA (sozialpädagogische Assistentin*in) in der Tasche, aber keine einzige Schülerin und kein einziger Schüler ist bereit, nach den ersten zwei Jahren drei weitere Jahre Ausbildung ohne Vergütung anzutreten. Sie alle lehnen die weitere Ausbildung zum Erzieher ab. „Wir werden im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen einfach abgehängt“, so ein Schüler. Die Aussicht auf eine schlecht bezahlte Teilzeitstelle mit sehr hoher Arbeitsbelastung rechtfertige die fünfjährige Ausbildung nicht. Da könne man viel verbessern, so sein Fazit seiner bisherigen Ausbildung.
„Das ist für die Kitas und den Erzieherberuf eine Katastrophe“, resümierte Michal Selck. Er unterstrich seine Forderung nach einer dreijährigen Ausbildung ohne Qualitätsverlust, dafür mit Vergütung, sozialer Absicherung und Bindung an den Arbeitgeber vom ersten Tag an.
Auf Einladung des Fachausschusses Kita der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände unter Leitung von Michael Selck (AWO) waren fast einhundertfünfzig interessierte Gäste in der vergangenen Woche zum Fachtag nach Rendsburg gekommen. Das Thema des Fachtags brennt auf den Nägeln: Was tun gegen den Fachkräftemangel in Kitas – 2 Personal gewinnen und binden – Strukturen verändern“. Die Einrichtungen leiden unter dem Mangel an achkräften, rund 1.900 Stellen sind in Schleswig-Holstein unbesetzt. Das Thema werde von der LAG-FW an vielen Stellen auf die Tagesordnung gebracht und angesprochen, so Michael Selck als Gastgeber. Leider ist es sehr komplex und eine große Herausforderung im Rahmen des gesamten Kita-Reformprozesses, so dass sich die Politik nur sehr zögerlich dem Thema nähere. Er bedauerte ausdrücklich, dass die Landesregierung sich nicht mit einem Grußwort an dem Fachtag beteiligen konnte. Gekommen waren hingegen Michaela Bagger von der Agentur für Arbeit in Neumünster, die mit einer Jobgarantie für den Erzieherberuf
warb und Landeselternvertreter Axel Briege, der das konstruktive Miteinander beschwor. Wichtige Impulse für einen dringend notwendigen Reformprozess gab Professor Dr. Petra Strehmel, von der HAW Hamburg. Sie warb für ein verbessertes Teamgefühl, transparente und vereinfachte Ausbildungswege und den Einsatz von zusätzlichen Kräften für die nichtpädagogischen Bereiche. Fachleute für Verwaltung oder Hauswirtschaft sollten die Erzieher*innen in Zeiten wachsenden Personalmangels entlasten und dafür sorgen, dass diese ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen könnten. Diese Ideen wurden im sachkundigen Publikum zunächst gut aufgenommen, allerdings taten sich in der schließenden offenen Diskussion, die von Sylvia Aust moderiert wurde, erhebliche Probleme im
Bereich Nachwuchsrekrutierung auf. Denn nicht nur, dass ausgebildete Erzieher*innen vergleichsweise kurz im System verweilen, um dann in anderen Bereichen eine Tätigkeit aufzunehmen, ist ein Problem. Der Fachtag machte sehr deutlich, dass zügig sehr viel getan werden muss, um den Beruf für Nachwuchskräfte wieder attraktiv zu machen.
V.i.S.d.P.
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