Kein weiteres Geld für langfristige Qualitätsverbesserungen
Kiel, 12. August 2021. Laut Medienberichten verkündete das Sozialministerium Schleswig-Holstein am Montag, dass das Land 45 Millionen Euro weniger als geplant für die Kindertagesstätten im Land vorhalten muss. So heißt es, dass mit diesen Mitteln sowohl die Eltern von Krippenkindern als auch die Kommunen von Kosten dauerhaft entlastet werden sollen. „Wir begrüßen die geplante Entlastung der Eltern und Kommunen ausdrücklich. Das ist gerade nach den Erfahrungen während der Corona-Pandemie für viele Familien eine wichtige Unterstützung. Die Zusage des Landes an die Verbände war aber stets, die nachhaltige Verbesserung der Qualität in den Kindertageseinrichtungen, sofern zusätzliche Mittel im System dies zulassen. Damit wird eines der drei Ziele der Reform aus den Augen verloren“, betont der Vorsitzende der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Michael Selck.
Das Ziel des Kitareform-Gesetzes sieht eine gesetzlich verankerte Dreigliedrigkeit vor, in der sowohl die Entlastung von Eltern, die Entlastung von Kommunen aber auch die Qualitätsverbesserung in Kindertagesstätten fest verankert sind. Die gesetzlich vereinbarte langfristige Qualitätsverbesserung findet bei der Mitteilung des Ministeriums allerdings keinerlei Berücksichtigung.
Zu den strukturellen Qualitätsverbesserungen zählen beispielsweise die Anhebung des Fachkraft-Kind-Schlüssels, Erhöhung der Vor- und Nachbereitungszeit, der Leitungsfreistellung und eine verbindliche Finanzierung von Fachberatung. „Stattdessen wird jetzt eine auf drei Jahre befristete Richtlinie als Qualitätsverbesserung verkauft, in der Sprachförderung oder Bewegungsangebote und ähnliches beantragt werden können. Wir fragen uns: Welches Personal soll das übernehmen? Zudem war es eine deutliche Errungenschaft der Kita-Reform, genau dieses Antragswesen über den örtlichen Jugendhilfeträger abzuschaffen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Gelder für 2021 in diesem Jahr noch rechtzeitig bereitgestellt werden können“, betont Selck. „Wir sehen zwar auch sehr deutlich, dass die Kinder durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in vielen Bereichen dringenden Nachholbedarf haben, aber eine Förderung nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, lehnen wir ausdrücklich ab“, sagt Selck.
Im KiTaG ist ein „Ort“ gesetzlich verankert, wo solche Dinge und Verfahren miteinander besprochen werden müssen, das sogenannte Fachgremium: dem u.a. das Sozialministerium, die Kommunalen Landesverbände, die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände und die Landeselternvertretung angehören. Dort sollten die weiteren Maßnahmen miteinander erörtert werden. „Wir sind uns sicher, dass weitere Verfahrensbeteiligte ebenso erstaunt über diese plötzliche Ankündigung sind.“, ergänzt Selck. Auch bei den geplanten Inklusionszentren sind noch viele Fragen offen. So sollen für zehn Millionen Euro landesweit 16 externe regionale Inklusionszentren mit im Schnitt acht Fachkräften aufgebaut werden. Aufgaben, Inhalte sowie eine mögliche zeitliche Befristung wurden nicht weiter erklärt. Die Mittel hätten zur Aufstockung von heilpädagogischem Personal für alle Einrichtungen gleichermaßen genutzt werden können, um die Einrichtungen auf dem Weg zu inklusiven Orten zu unterstützen.
Die Arbeitsgemeinschaft (AG) „Inklusion in der frühkindlichen Bildung und Betreuung“ wurde vom Land installiert, ist mitten im Arbeitsprozess und sollte gemeinsam mit freien und öffentlichen Trägern ein Konzept, wie Inklusion in Kitas in den nächsten Jahren aussehen soll, entwickeln. Die nun geplanten Inklusionszentren kommen überraschend und ohne fachlichen Diskurs in der AG. „Die AG arbeitet seit anderthalb Jahren daran, wie Inklusion in Kitas umgesetzt werden kann, um allen Kindern Teilhabe zu ermöglichen. Dafür braucht es multiprofessionelle Teams als Basisausstattung in den Kitas“, so Michael Saitner, stellv. Vorsitzender der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtverbände
Es entsteht der Eindruck, dass die Landesregierung Inklusion vor allem durch die Fortbildung und Beratung der Fachkräfte in den Einrichtungen umsetzen möchte. Das ist sinnvoll und wichtig, doch hilft den Fachkräften aktuell nicht weiter, weil es zu wenig Personalstunden gibt, um alle Kinder mit ihren individuellen Bedarfen entsprechend zu begleiten.
Fakt ist: Es braucht mittelfristig mehr Personal in den Einrichtungen, um Qualität und Inklusion in allen Kitas sicherzustellen. Die jetzigen Pläne der Landesregierung sind nicht nachhaltig. Es braucht eine verlässlich abgestimmte Planung auf Landesebene mit allen Verfahrensbeteiligten.
V.i.S.d.P.
Michael Selck
Vorsitzender Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: michael.selck@awo-sh.de |
Iris Haulsen
Geschäftsführerin Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: iris.haulsen@lag-sh.de |