Anlässlich des Flüchtlingsgipfels im Kanzleramt sagte der Vorsitzende der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände, Michael Saitner, heute in Kiel:
„Im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels hat der Bundesfinanzminister deutlich gemacht, dass sich der Bund an erhöhten, flüchtlingsbedingten Kosten nicht beteiligen werde. Das ist zunächst einmal kein gutes Signal, wenn immer wieder die gemeinsame Kraftanstrengung beschworen wird. Allerdings sind auch noch immer nicht alle Gemeinsamkeiten austariert und nicht alle Kräfte wirklich gebündelt.“ Michael Saitner weiß als Vorsitzender der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein, wovon er spricht.
„Wenn es Aufregung darum gibt, dass der Kanzler an dem Gipfel nicht teilnimmt, mag dies berechtigt sein. Fragen muss man sich aber auch, ob denn auf den verschiedenen Ebenen überhaupt jemals mit allen relevanten Playern gesprochen wird!“
Er erinnerte daran, dass auch in Schleswig-Holstein die Regierung wohl die kommunalen Landesverbände, nicht aber die Wohlfahrtsverbände in die anberaumten Gesprächsrunden einbezogen hat.
Michael Saitner: „Natürlich geht es um Geld, aber es geht in weiten Teilen auch um mehr. Um die schutzsuchenden Menschen hier willkommen zu heißen, um Engpässe bei der Unterbringung und der Versorgung aufzulösen, bedarf es eines echten Schulterschlusses aus Politik, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Es geht schließlich darum, alle Lebensbereiche zu beleuchten, die für die Geflüchteten geöffnet werden müssen – von der Unterbringung bis zum Kindergarten, von der Schule bis hin zu Beratungsstellen, die für alle gut erreichbar sein müssen..
„Die Wohlfahrtsverbände haben 2021 einen „Runden Tisch zur Migrationsberatung“ ins Leben gerufen, an dem sich auch kommunale Landesverbände und die zuständigen Ministerien engagiert beteiligt haben.
Ein solcher Runder Tisch sollte nachhaltig etabliert sein. Eintagsfliegen und Feigenblätter nützen uns in dieser herausfordernden Zeit in der Praxis nichts, solange nicht alle Expertise und alle Energie tatsächlich gebündelt und ernst genommen werden!“
Nach Jahrzehnten der Migrationsarbeit sitzen die Wohlfahrtsverbände bei „Flüchtlingsgipfeln“ noch immer nicht als wesentlicher Partner obligatorisch mit am Tisch. Die Geflüchtetenunterkünfte sind voll, die Migrationsfachdienste überfordert und unterfinanziert; wesentliche Beratungsstrukturen für rechtliche und soziale Unterstützung sind in ihrer Existenz gefährdet.
„Es geht auch, aber tatsächlich nicht nur, um ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Schlafen“, spitzt Michael Saitner zu. „Es geht um Zugänge zu Bildung und zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Betreuung und Hilfsangeboten, die die Wohlfahrt mitgestaltet und vorhält. Und solange es im Kern um Menschen geht, sollte die Wohlfahrt vom viel beschworenem Schulterschluss nicht ausgeklammert bleiben!“