Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände (LAG FW) fordert die
Landesregierung auf, gleichwertige Bildungschancen in allen Kitas in Schleswig-Holstein
zu fördern. Die aktuellen Gesetzesänderungen greifen notwendige Nachbesserungen in
der Kita-Reform aber nicht auf
„Hier wird das größte sozialpolitische Vorhaben der letzten Legislaturperiode invalide
geflickt, obwohl die notwendigen Maßnahmen benannt und bekannt sind“, so Michael
Selck (AWO), Koordinator des Fachausschusses Kita in der LAG-FW. Anlässlich der
anstehenden parlamentarischen Beratungen verwies er gemeinsam mit dem LAG-
Vorsitzenden, Michael Saitner, noch einmal auf die großen Punkte, die die LAG-FW in
ihrer Stellungnahme benannt hat (Anlage) und die darüber hinaus über das Gelingen der
Kitareform entscheiden werden.
Sprach-Kitas: 37% aller Kitas im Land werden abgehängt
Die Verbände zeigen sich zwar erfreut, dass nach dem Ende des Bundesprogramms der
Sprach-Kitas nun mit Landesmitteln 230 Kitas weiterhin die Möglichkeit bekommen, eine
zusätzliche Sprachförderkraft einzusetzen. Gleichzeitig werden rund 37% der
Einrichtungen abgekoppelt, weil sie die im Förderprogramm geforderte Anzahl von 40
Plätzen nicht erreichen. Hier wäre z.B. die Möglichkeit von Verbundlösungen ein
adäquater Lösungsansatz.
Tarifliche Anpassungen kommen für Kita-Träger zu spät
Erst jetzt soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die die Tarifabschlüsse SuE
aus dem Jahr 2022 im SQKM- Finanzierungssystem berücksichtigt – für die
Wohlfahrtsverbände ein zu später Zeitpunkt. „Das Kitagesetz braucht einen
Automatismus, der tarifliche Steigerungen zukünftig sofort im Finanzierungssystem (das
sogenannte Standard-Qualitäts-Kosten-Modell, kurz: SQKM) berücksichtigt. Die
verspäteten Anpassungen sind ein existenzbedrohendes Risiko für Kita-Träger“, betont
Michael Selck. Rückwirkende Erstattungen helfen hier nichts, weil keine entsprechenden
Rücklagen gebildet werden können.
Zudem kritisiert die LAG FW die mangelnden gesetzlichen Rahmenbedingungen
zur Bekämpfung des Fachkräftemangels – Die Aufstockung der Plätze für
Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) ist noch keine Ausbildungsoffensive“ so Selck
und Saitner. LAG-FW fordert deshalb eine umfängliche Reform der Ausbildung der
pädagogischen Berufe und attraktivere Rahmenbedingungen für die Fachkräfte im
System, für Quereinsteieger*innen und den Nachwuchs.
§ 35 KitaG – das flächendeckende Überwachungsinstrument muss weg
„Wir wehren uns dagegen, dass der Paragraph 35 quasi alle Träger unter einen
Generalverdacht stellt, statt auf die tatsächlichen Bedürfnisse einer sinnvollen Kontrolle
mit Problembewusstsein zu setzen“, kritisiert Michael Saitner. „Die Behörden sind sehr
schnell darin, Rückforderungsbescheide zu versenden, sobald der Personalschlüssel
nicht mehr eingehalten wird. Dass die Kolleg*innen vor Ort aber krankheitsbedingt nicht
mehr arbeiten können und sie mit den Rückforderungen die Lage sogar noch
verschärfen, wird dabei nicht gesehen. Die Landesregierung ist gut beraten, dieses
flächendeckende Überwachungsinstrument umgehend zurückzunehmen“, sind sich
Saitner und Selck einig.
Besonders beunruhigt sind die beiden Spitzen aus den Wohlfahrtsverbänden auch mit
Blick auf die Äußerungen einiger kommunaler Gebietskörperschaften, die
Qualitätsstandards mit der frühesten Möglichkeit am 31.12.2024 auf das Mindestniveau
abzusenken.
„Damit erfüllen sich dann unsere düstersten Erwartungen, dass die Qualität in den Kitas
als frühkindliche Bildungseinrichtungen auf der Strecke bleibt!“
• Anlage: Stellungnahme der LAG, Kiel 27.02.2023