Sehr geehrte Frau Vorsitzende Ostmeier,
sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete,
Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände begrüßt das im An-trag der SPD-Landtagsfraktion zugrunde gelegte Ziel, unbürokratisch und schnell Hilfe für Menschen zu erreichen, die durch die Corona-Krise in Not geraten sind. Es muss durch eine politische Initiative erreicht werden, dass die Betroffenen vor coronabedingten Wohnungsverlusten oder/und dem Ausschluss von Gas-, Wasser- und Stromversorgung geschützt werden. Somit ist das Ziel, Menschen in Notsituatio-nen zu unterstützen und Wege zu finden, die eigene Wohnung – die grundsätzlich und gerade im Angesicht der Pandemie zum wichtigsten Rückzugs -und Schutzraum geworden ist, zu behalten, grundsätzlich richtig und begrüßenswert. Darüber hinaus bedarf es allerdings einer eher langfristigen Perspektive für Mieter*innen und Ver-mieter*innen. Diese ist im vorliegenden Antrag Drs. 19/2620 noch nicht ausreichend berücksichtigt.
Die Landes-Arbeitsgemeinschaft spricht sich ausdrücklich dafür aus, das „Mietenmoratorium“ weiterzuentwickeln und zu optimieren. Dazu müssen die Erfahrungen aus der Corona-Krise, die uns noch absehbar begleiten wird, in die Weiterentwicklung einbezogen werden und Mieter*innen wie Vermieter*innen im privaten wie gewerb-lichen Bereich gerecht werden.
Ob diese Weiterentwicklungen einen „Fonds für Wohnen“ bzw. einen „Härtefallfonds“ beinhaltet oder ob sie sich in die Richtung einer gesetzlichen Not-fallkasse für Betroffene bewegt, die sicherstellt, dass die Mieten und Versorgungs-zahlungen unverzüglich ausgezahlt werden und erst danach in die zielscharfe Ab-rechnung gehen, bleibt an dieser Stelle unbewertet. Zu diesem Notfallszenario ge-hört beispielsweise auch die Möglichkeit für Mieter*innen, die gestundeten Beträge über einen längeren Zeitraum zurückzahlen zu können – wer Miete aktuell nicht zahlen kann, wird sie auch nicht wie bislang vorgesehen, 2021 inklusive Zinsen zu-rückzahlen können. Auch hier wären Konzepte wie ein Härtefallfonds oder ähnliche Instrumente anzudenken, wo nicht Wohngeld als Unterstützung ausreichend ist. Dieser Härtefallfonds könnte mit Laufzinsen von bis zu zehn Jahren arbeiten, um den zeitlichen Druck zu mildern. Eine weitergehende Idee wäre eine „Notbremse“, bei der der Staat Schulden übernimmt.
Gleichzeitig muss das Konzept so entwickelt werden, dass der Schutz der Mieter*in-nen sichergestellt wird und ihnen gleichzeitig die Chance einräumt wird, schnell, niedrigschwellig und unbürokratisch Überbrückungshilfen zu erhalten, um die Miete und die genannten Nebenkosten zu zahlen. Dies würde auch den kleinen und privaten Vermieter*innen helfen, für es die bei Mietausfall bis heute kein Hilfspaket gibt und die auch elementar auf ihre Mieteinnahmen angewiesen sind. Auch hier wä-ren schnelle Hilfen durch den Staat z.B. über den angeregten Fonds geeignet, weil er die Interessen von Mieter*innen und Vermieter*innen im Rahmen eines Interessen-ausgleichs berücksichtigt. Denkbar wären an dieser Stelle eine Koppelung der Zah-lungen an die Quadratmeterpreise oder eine Bindung an Quoten für Sozialen Wohn-raum, um auch sozial orientierte Wohnungsunternehmen zu schützen. Außerdem könnte die Ausschüttung von Dividenden von Großunternehmen an Anleger ein Ausschluss für staatliche Hilfen sein.
Die Zeit der pandemischen Krise hat gezeigt, dass vor Ort oft mit den Vermieter*in-nen belastbare Lösungen gefunden werden konnten. Diese Beispiele unterstreichen, dass die Gesellschaft punktuell tatsächlich zusammengerückt ist. Wo dieses Zusam-menrücken nicht gelingt, muss es einen unbürokratischen, niedrigschwelligen und unverzüglich greifenden Weg geben, um beiden Interessen – der Mietzahlung und der Mieteinnahme – gerecht zu werden. Die prekäre Situation vieler Menschen, ihre Wohn- und damit Lebenssituation darf in diesen Zeiten ebenso wenig voll umfäng-lich dem freien Markt überlassen werden wie die Situation derer, die auf Mietein-nahmen zum eigenen Lebensunterhalt ebenso angewiesen sind. Festzustellen ist, dass es weiterhin Instrumente geben muss, die die betroffenen Mieter*innen und Vermieter*innen gleichermaßen schützen. In Krisenzeiten, die unsere Gesellschaft weiter zu spalten drohen, sollten alle Möglichkeiten, die auf einen Interessenaus-gleich hinauslaufen, in Betracht gezogen werden. Der kooperative Gedanke muss auch in Fragen im Rahmen des Mietenmoratoriums Berücksichtigung finden.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
V.i.S.d.P.
Michael Selck
Vorsitzender Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: michael.selck@awo-sh.de |
Iris Haulsen
Geschäftsführerin Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: iris.haulsen@lag-sh.de |