Sehr geehrter Herr Weber,
sehr geehrter Mitglieder des Finanzausschusses,
die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Landesregierung
zum Haushaltsbegleitgesetz. Sie verweisen ausdrücklich entschuldigend auf die Kurzfristigkeit der Anhörung und die mit ihr verbundenen Fristen.
Dies nehmen wir zur Kenntnis und merken an dieser Stelle mit Blick auf die Änderungen im Artikel 5 an, dass die LAG FW bereits im Rahmen des Beteiligungsverfahrens die auch dort angelegte kurze Reaktionsfrist bemängelt haben.
Artikel 5 Kindertagesförderungsgesetz
Gemäß § 56 Abs. 2 soll das Fachgremium u.a. „sicherstellen, dass die Belange der Beschäftigten berücksichtigt werden.“ Leider wurde bereits im Rahmen des Beteiligungsverfahrens seitens des Ministeriums versäumt, ein geordnetes und unter allen Beteiligten des Fachgremiums geeintes Verfahren mit ausreichend Zeit für den fachlichen Diskurs zu ermöglichen, sodass Kompromisse gefunden oder Gründe für Bewertungen und dringliche Änderungsbedarfe der Praxis dargelegt werden konnten. Die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eingebrachten Änderungen stellen lediglich einen Minimalkonsens zwischen den Verfahrensbeteiligten dar und versäumen die wesentlichen Probleme/Herausforderungen der Praxis aufzugreifen. Leider ermöglichte das gewählte Verfahren nicht auf die aus Sicht der LAG wesentlichen Änderungsbedarfe ausführlich einzugehen. Insbesondere die nicht festgelegten quantitativen und qualitativen Standards für Fachberatung sowie Qualitätsmanagement führen in den Einrichtungen zu Unverständnis ebenso wie zu immensen Herausforderungen in den Verhandlungen mit den Gemeinden. Vor dem Hintergrund, dass gemäß § 20 kontinuierliche Fachberatung und Qualitätsmanagement gesetzlich vorgeschrieben – und damit Fördervoraussetzung sind – besteht hierbei dringender Handlungsbedarf. Desgleichen müssen dringend die diversen Problematiken der Randzeitengruppen aufgegriffen und umgehend eine Lösung herbeigeführt werden. Die wesentlichen Problematiken und Herausforderungen der Einrichtungen vor Ort werden schlichtweg ausgeblendet. Fachliche Diskurse zu einer ausreichenden Freistellung von Leitung, angemessenen Vor- und Nachbereitungszeiten, eine Strategie zur Eindämmung des Fachkräftemangels fehlen ebenso wie eine ein Masterplan zu Inklusion.
Ausdrückich sei erwähnt, dass wir die Aussage, dass durch das Haushaltsbegleitgesetz „kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand verursacht“ werde ausdrücklich nicht teilen. Beispielsweise hat die Absenkung der Elternbeiträge für Kinder unter 3 Jahren zur Folge, dass die Einrichtungsträger ihre Verträge mit den Eltern anpassen müssen. Dieser Prozess wird erfahrungsgemäß mit ganz erheblichem Verwaltungsaufwand und auch mit herausfordernden Diskussionen mit den Gemeinden hinsichtlich der schon genehmigten Haushalte 2022 verbunden sein.
Zu den einzelnen Regelungen im Gesetzentwurf nimmt die LAG-FW wie folgt Stellung:
§ 4 Abs. 1 und 2
Im §4 sollte für eine verlässliche Bedarfsplanung gesetzlich verankert werden, dass alle in der Kindertagespflege tätigen Personen sich an der Kita-Datenbank beteiligen.
§ 6 Abs. 1 Satz 1
Die Genehmigungs- und Kontrollverfahren zu Schutzkonzepten in den Einrichtungen müssen transparent sein. Welche Informationen und welcher Art der Beratung wird durch diese Änderungen verfolgt. Wir bitten dies darzulegen.
§19 Abs. 8
Die Koppelung der Kooperationsstränge Eltern und andere Einrichtungen ist problematisch. Die Ebene der Erziehungspartnerschaft und der sozialräumlichen fallbezogenen Vernetzung müssen getrennt voneinander geregelt und bearbeitet werden. Es geht um die unbedingte Beachtung des Datenschutzes und Transparenz der Kooperations- und Austauschbeziehungen zwischen professionellen Instanzen. Geeigneter erscheint uns ein eigener Absatz 9: „Die Zusammenarbeit erstreckt sich auch…“
§20 Abs. 2 Satz 4 (neu eingefügt)
Die Veränderung ist zu begrüßen. Allerdings ist darüber nach wie vor nicht gewährleistet, dass geeignete Personen aus relevanten Arbeitsfeldern in die Funktion der Fachberatung wechseln können oder sich multiprofessionelle Fachberatungsteams aufbauen. Z.B. im Bereich Kinderschutz, Inklusion oder Sprachenbildung sind Vorerfahrungen in den relevanten Bereichen u.E. wertvoller als eine Erfahrung als Fachberatung.
§ 31
Die Absenkung der Elternbeiträge und des Finanzierungsanteiles der Wohngemeinden am Pauschalsatz pro Kind führen zu einer Veränderung der Finanzierungsarchitektur vor Ort, die mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Träger verbunden sind. Es bestehen begründete Zweifel, ob die Träger aufgrund der komplexen Finanzierungsregelungen und aus zeitlichen Gründen die Auswirkungen ermitteln können.
§ 57
Das Modellprojekt zum Thema Inklusion löst das eigentliche Problem nicht. Statt die Ergebnisse der langjährigen Modellprojekte in ein Gesetz münden zu lassen, das inklusive Einrichtungen ermöglicht, werden lediglich diese Projekte weitergeführt. Es bedarf eines Masterplan Inklusion für Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein.
Artikel 2 und 3 Finanzausgleichgesetz
Die LAG FW erkennt die Absicht an, durch eine Erhöhung der Mittel zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen deren Situation zu verbessern. Ausdrücklich wird die Umsetzung der Ergebnisse der Bedarfsanalyse in einem ersten Schritt erfolgen und den von den Frauenhäusern geltend gemachten Bedarf hinsichtlich der erhöhten Betriebskosten decken. Trotz der Unterstützung dieses formulierten politischen Willens möchten wir an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ausdrücklich nicht in jedem Fall die Deckung der real entstehenden Kosten der Kaltmiete sicherstellt. Durch die Berechnung der zuwendungsfähigen Kaltmiete auf Grundlage der Förderrichtlinie wird eine Mietobergrenze in Anlehnung an die soziale Wohnraumförderung als Förderobergrenze festgelegt, die in Einzelfällen, s. Frauenhaus Lübeck, zu einer strukturellen Finanzierungslücke führt. Somit ist die im Gesetzentwurf formulierte Finanzierung, trotz der Erhöhung der Platzkostenpauschale, nicht für alle Frauenhäuser bedarfsgerecht und auskömmlich. Wir schlagen hier sehr eindringlich vor, die Fördergrundlagen zugunsten einer Erstattung der tatsächlichen Miet- und Betriebskosten zu verändern, um allen Einrichtungen gleichermaßen gerecht zu werden.
Artikel 6 Jugendförderungsgesetz
Die LAG FW bewertet das Zulassen von Einzelfallausnahmen für die Kindertagespflege auf den Halligen als pragmatisch und an der Lebenswirklichkeit orientiert.
Wir bedanken uns für die Berücksichtigung unserer Anmerkungen und erhoffen uns für kommende Gesetzesänderungen ein geordnetes Verfahren mit ausreichend Zeit für den fachlichen Diskurs.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Saitner Michael Selck
Vorsitzernder Koordinator FA Kita
Koordinator FA KJFF