Kindertagesbetreuung – Wo ist die Strategie für den Corona-Herbst?
Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein e.V. (LAG) fordert angesichts des steigenden Infektionsgeschehen in jungen Altersgruppen und vermehrten Impfdurchbrüchen eine klare Strategie der Landesregierung für den sicheren Betrieb von Kitas. Kita-Träger müssten Kosten für Hygienemaßnahmen und auch anlasslose Testungen erstattet bekommen. Die Landesregierung blockt bisher noch ab.
Während die Infektionszahlen in der vierten Welle vor allem bei Ungeimpften, vorwiegend Kindern, dramatisch steigen, fehlt nach Ansicht der freien Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein eine klare Strategie. „Es muss das erklärte Ziel der Landespolitik sein, Mitarbeitende und Kinder gleichermaßen vor Infektionen zu schützen. Nur so kommen wir gut durch den Herbst und den Winter.“, sagt Michael Selck, Vorsitzender der LAG. „Das Sozialministerium erklärte, ab Oktober keine weiteren kostenlosen Schnelltests für Mitarbeitende in Kindertagesstätten zur Verfügung zu stellen. Das halten wir angesichts steigender Infektionszahlen und Impfdurchbrüchen für falsch. Den Trägern müssen unbürokratische Erstattungsmöglichkeiten und Zugänge eröffnet werden, um frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung aller Kinder durchgängig zu ermöglichen. Virologen warnen bereits davor, zu unvorsichtig in eine ungewollte Situation hineinzulaufen.“
Die Wohlfahrtsverbände fragen sich außerdem, welche Gesamtstrategie das Land verfolgt. Im Hinblick auf die Testungen der Kinder müsse in Zukunft sichergestellt werden, dass geeignetere Tests für die Kinder zur Verfügung gestellt werden. So haben sich die Verbände zu Beginn an dafür eingesetzt, im Falle der Kindertestungen, keine Tests mit einem Nasenabstrich einzusetzen. Es war die Rede von sogenannten Lollytests, von denen überraschendender Weise von Seiten des Sozialministeriums plötzlich nicht mehr die Rede war. Die Rückmeldungen der Elternvertretungen seien überwiegend kritisch, was eine geringe Testquote vermuten lässt. Zu wenig getestete Kinder bedeute mittelfristig höhere Infektionszahlen in den Kitas.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass einige Regelungen nicht mehr nachvollziehbar sind. Während Kita-Personal laut der Corona-Verordnung ungeimpft und ungetestet zur Arbeit kommen darf, müssen Elternabende in Innenräumen unter Beachtung der 3G-Regel stattfinden. „Die Landesregierung hat in allen bisherigen Verordnungen bewusst auf eine Testpflicht von Kita-Personal verzichtet. Wir haben wahrgenommen, dass das bei einigen Eltern und Trägern auf Unverständnis trifft. In der Diskussion um eine Auskunftspflicht über Impfungen in besonders sensiblen Bereichen wird nun richtigerweise auch der Kita-Bereich in den Blick genommen. Die Impfbereitschaft des Kitapersonals ist sehr hoch, dennoch müssen aber auch entsprechende unterstützende kostenfreie Testangebote den Kitas zur Verfügung stehen, um alle Fachkräfte, unabhängig vom Impfstatus weiter zuverlässig testen zu können. Denn wir wissen ja, dass man auch als geimpfte Person das Virus übertragen kann.“, so Michael Saitner, stellvertretender LAG-Vorsitzender.
Laut bisheriger Aussage des Sozialministeriums soll weiter an anlasslosen Testungen für nicht geimpftes Personal festgehalten werden. Das Vorhaben sei grundsätzlich zu unterstützen, brauche dann aber auch die nötige Unterstützung vom Land. Landespastor Heiko Naß von der Diakonie Schleswig-Holstein fordert deshalb ein präventives Programm, um Kindertagesstätten gut durch Herbst und Winter zu führen: „Wir brauchen noch mehr Menschen, die sich impfen lassen. Das ist der Schlüssel. Weiterhin müssen aber auch Maßnahmen finanziert werden, die Infektionsketten früh erkennen bevor die Kontaktpersonennachverfolgung schwierig wird.“
Die Wohlfahrtsverbände rufen vereint dazu auf, die gut verfügbaren Impfangebote zum Schutz vor Corona anzunehmen. Die Impfquote sei noch nicht ausreichend, um sicher in den Herbst gehen zu können. Dies gelte insbesondere für Kita-Personal und Eltern von Kita-Kindern, um alle zu schützen, die noch nicht geimpft werden können.
Um Unsicherheiten zu vermeiden, die Sicherheit in den Kitas zu erhöhen und Irritationen in den Einrichtungen zu vermeiden, ist ein erkennbar einheitliches Handeln der Gesundheitsämter anzustreben, auch, wenn es z.B. um die Risikobewertung bei Quarantäne-Regelungen geht.
„Die Ausstattung von nicht gut zu belüftenden Räumen mit mobilen Luftfilteranlagen geht nur schleppend voran. Wir sprechen hier alleine in Schleswig-Holstein von mindestens 2.700 Räumen in Kitas und Schulen, die auf die geförderte Ausstattung warten. Es ist unklar, wann es dem Land gelingt, diese zur Verfügung zu stellen. Wir dürfen uns darauf also nicht verlassen und brauchen eine breit angelegte Strategie“, so die LAG.
V.i.S.d.P.
Michael Selck
Vorsitzender Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: michael.selck@awo-sh.de |
Iris Janßen
Geschäftsführerin Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: iris.janßen@lag-sh.de |