Wesentliche Ziele der Kita-Reform in Schleswig-Holstein sind gefährdet. Kritik regt sich vor allem an den Kommunen, die zurzeit die Finanzierung der Kitas mit den freien Trägern neu aushandeln und dabei zum Teil bestehende Qualitätsstandards deutlich absenken wollen. Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein (LAG) sieht das Land nun in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die angestrebten Verbesserungen auch umgesetzt werden. Am Donnerstag (5. November) steht ein Änderungsgesetz zur Kitareform auf der Tagesordnung im Sozialausschuss des Landtages.
Aus Anlass der Sitzung des Sozialausschusses hat die LAG in einer Stellungnahme deutlich gemacht, welche Herausforderungen sich durch die Kitareform in der Praxis ergeben. Sie hält ein Nachsteuern für dringend erforderlich. Als Träger von mehr als 85 Prozent aller Kitas in Schleswig-Holstein ist dies eine ernstzunehmende Problemanzeige.
Die Kita-Reform, die im Dezember 2019 im Landtag beschlossen wurde und nun am 1. Januar 2021 vollständig in Kraft tritt, hat einen langen Weg hinter sich. Die LAG habe diesen Weg von Anfang an engagiert und mit großen Kraftanstrengungen begleitet und mitgestaltet. „Wenn die angestrebten Reformziele wirklich erreicht werden sollen, dann kann es so nicht weitergehen. Das Verhalten von vielen Kommunen gegenüber den freien Trägern wirkt den beabsichtigten Qualitätsverbesserungen in den Kindertagesstätten klar entgegen“, so Michael Selck (AWO), Vorsitzender der LAG.
Hintergrund dieser dramatischen Entwicklungen ist die Festlegung von gesetzlichen Mindeststandards für die Kitas, die künftig vom Land finanziert werden. Da es keine rechtliche Absicherung dafür gibt, dass bereits bestehende höhere Standards gehalten werden müssen, werden diese in vielen Fällen abgesenkt. „Das ist eine Entwicklung, die wir lange im Voraus befürchtet haben. Besonders die Corona Krise hat gezeigt, wie wichtig eine gut ausgestattete Kita-Infrastruktur für Schleswig-Holstein ist“, sagt Selck.
Dass viele Kommunen im Rahmen der Verhandlungen zu Finanzierungsvereinbarungen Kita-Träger auffordern, Qualitäten abzusenken, Gruppengrößen zu verändern und Elternbeiträge zu kompensieren, sei bei der Intention der Kita-Reform nicht nachvollziehbar. „Uns liegen landesweit zahlreiche Verträge zwischen Kita-Trägern und Kommunen vor, die belegen, dass zukünftig Standards abgesenkt werden und gemeindliche Mittel entfallen sollen.“, berichtet Michael Saitner (DER PARITÄTISCHE)r, stellvertretender Vorsitzender der LAG. „Außerdem werden Träger dazu gedrängt, Vereinbarungen zu treffen, die den Kita-Betrieb insgesamt gefährden. Besonders kleine Träger sind dadurch in ihrer Existenz bedroht.“
Der LAG-Vorstand bringt das aktuelle Verhandlungsgeschehen auf den Punkt: „Das sind keine Zahlenspielereien. Das alles hat konkrete Auswirkungen für das Personal vor Ort. Der vielerorts von den Kommunen aufgebaute Druck zur Verwirklichung des sogenannten Konvergenzpfades, führt zu Verwerfungen vor Ort, kommt zur Unzeit und erfordert nun ein entschlossenes Nachsteuern durch die Landesregierung.“ Die Corona-Pandemie zeige, welchen wichtigen Stellenwert das Kita-System in der Gesellschaft einnimmt – während das gesellschaftliche Leben zu großen Teilen runterfährt, bleiben Kitas nun geöffnet. Damit dies auch weiter gewährleistet werden kann, müssen wir auch im Sinne der Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitenden in den Einrichtungen agieren können. Die LAG fordert, dass die Politik ein deutliches Signal in Richtung der Fachkräfte senden muss, um zu verhindern, dass sich aufgrund von schlechteren Rahmenbedingungen der Fachkräftemangel in Schleswig-Holstein weiter verschärft.“
V.i.S.d.P.
Michael Selck
VorsitzenderLandes-Arbeitsgemeinschaftder freien WohlfahrtsverbändeSchleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: michael.selck@awo-sh.de |
Iris Haulsen
GeschäftsführerinLandes-Arbeitsgemeinschaftder freien WohlfahrtsverbändeSchleswig-Holstein e.V. Falckstraße 9 24103 Kiel Tel.: 0431 – 33 60 75 E-Mail: iris.haulsen@lag-sh.de |